Technik | Ausgabe 10/2014

 

 

Sachverständigenseminar Bad Salzdetfurth

Unterschiedliche Empfehlungen zum idealen Raumklima verwirren die Branche

 

Wir brauchen ein Bewertungsschema

Auf dem Sachverständigenseminar in Bad Salzdetfurth erklärt der Parkettsach-verständige Manfred Weber die Unterschiede zwischen Norm- und Normalklima und fordert ein Bewertungsschema für die Fußbodenheizungseignung von Parkettfußböden. - von Walter Pitt

 

Weber gab zunächst  einen  Überblick. Was macht Klima aus, was beeinflusst das Klima, wie wirken sich Faktoren wie Topographie, geographische Verhältnisse, Meeresnähe, Höhenlage oder die Windverhältnisse auf das Klima aus?

 

Nach diesen allgemeinen Ausführungen stellte Weber Langzeitmessungen von Klimadaten aus verschiedenen Regionen Mitteleuropas vor. Zwanzigjährige Aufzeichnungen dokumentierten beispielhaft die unterschiedlichen durchschnittlichen Luftfeuchtewerte von ca. 73,5 % im alpinen Innsbruck, bis  ca. 77,5 % im von Föhnwinden und vielen umliegenden Seen geprägten München, ca. 82,7 % im maritimen Hamburg oder ca. 78,8 % in der als vergleichsweise feucht bekannten Köln-Bonner Rheinlage. Diese Schwankungen des Außenklimas beeinflussen das Klima in den Innenräumen, das mit etwa 50–70 % im Sommerhalbjahr und 30 % bis etwa 55 % im Winterhalbjahr beschrieben wird. Um ein Raumklima als allgemeine Bezugsgröße charakterisieren zu können, ist ein Normklima festgelegt worden. Dies ist in der DIN 4108-3 dokumentiert und legt für normale Wohnbauten eine relative Luftfeuchte von 50 % und eine Temperatur von 20 °C fest. Das Normklima ist dabei als mittlerer Bezugswert übers Jahr zu verstehen.

Das Raumklima wird gleichfalls über die Nutzung definiert. Man kennt in der Praxis Begriffe wie Feucht- oder Nassraum. Auch das Verhalten der Nutzer bestimmt das Raumklima, das in unterschiedlichen Raumzonen abweichen kann, denn das Klima in Wohnräumen ist anders als in Schlafräumen, in Küchen anders als in Bädern (vgl. Tabelle „Normklima nach DIN 4108-3“ links oben).

 

Lüftungsverhalten wichtig

Zu berücksichtigen bei all diesen Zusammenhängen ist auch das Lüftungsverhalten der Bewohner der Räume. Weber zitiert das Lehrbuch der Bauphysik, in dem die verschiedenen Luftwechselraten über den Jahresverlauf bei den Monatsmittelwerten der Temperatur und Feuchte der Außenluft in Beziehung gesetzt werden. Dabei zeigt sich, dass bei bestimmten Bedingungen während der Heizperiode den Luftwechselraten entsprechend sich Luftfeuchten von 29% (Januar) und 50 % (Oktober) einstellen. Im Juli beträgt die relative Luftfeuchte 79 %, mit der Tendenz, dass diese Werte sich noch erhöhen, wenn der Luftwechsel eingeschränkt wird (vgl. Grafik „Raumluftfeuchte als Gleichgewichtszustand“ links unten).

 

Zwangsläufig haben die Schwankungen der relativen Luftfeuchtigkeiten und Temperaturen in Innenräumen unterschiedliche Holzfeuchten zu Folge. Um dem Rechnung zu tragen, wurde bis 2002 Parkett nach DIN 280 Blatt 1-4 mit einer Holzfeuchte von 9 % ± 2 % geliefert und sollte auch so eingebaut und verlegt werden, denn diese Holzfeuchte entspricht einem Raumklima von 20 °C und 50 % Luftfeuchtigkeit, wie in der DIN 4108-3 als Normklima angegeben. Hinweise auf diese Zusammenhänge erfolgten auch in den nachweislich zu übergebenden Parkettpflegeanweisungen analog zur DIN 18356, erinnerte Weber (Für DIN 280 Teil 5 galt zu der Zeit eine Holzfeuchte von 8 % ± 2 %.). Heute gelten in den europäischen Normen andere Lieferwerte für das Holz (siehe Kasten „Holzfeuchte“ Seite 48).

 

Billig verschärft die Bedingungen

Das Normklima soll, wie oben ausgeführt, den Jahresdurchschnitt widerspiegeln. Es wird im Sommer naturbedingt überschritten und im Winter durch Beheizung der Räume mit den heute üblichen Heizungsarten unterschritten. Veränderungen des Naturproduktes Holzes bezogen auf die Einbaufeuchte sind damit unausbleiblich, denn im Sommer wird das Holz wegen höherer Raumluftfeuchten quellen und im Winter aufgrund niedrigerer Feuchten schwinden. Parkett ist damit in seinem Verhalten entscheidend von den raumklimatischen Verhältnissen abhängig. Durch Störung des Raumklimas, insbesondere durch Veränderung der relativen Feuchte, ergeben sich einerseits negative und andererseits positive Einwirkungsmöglichkeiten auf verlegte Parkett- und Holzfußböden

 

Es ist völlig normal, sagt Weber, dass in beheizten Räumen, gleichgültig, ob es sich um Fußbodenheizung oder die übliche Konvektorheizung handelt, eine relative Luftfeuchte von nur 35 % und niedriger entsteht, so dass die Holzfeuchte dann lediglich noch 6,8 % beträgt. Ein 70 mm breiter Stab würde im Normklima bei einer Lieferfeuchte von 9 % entsprechend ca. 50 % rel. Lf bei 35 % relativer Luftfeuchte auf diesen Wert heruntertrocknen und zwangsläufig zu Fugen im Parkettboden führen. Das ist nicht nur bei rohem Holz oder geölten Oberflächen, sondern auch bei versiegelten Parkettböden der Fall, weil Versiegelungsschichten den Feuchteausgleich zwischen Holz und Raumluft nicht verhindern, sondern nur, zeitlich gesehen, etwas verzögern können. Weiterhin weicht das Klima im Neubau ebenfalls erheblich vom Normklima ab. Nicht selten beträgt es 10–15 °C und 75–80 % relativer Luftfeuchtigkeit. Die Ausgleichsfeuchte bei einem solchen Klima ist in der Regel höher als die Ausgleichsfeuchte bei Wohnraumklima. Wenn man diese natürlichen Zusammenhänge allerdings unter Berücksichtigung der aktuellen Trends betrachtet, die von sehr breiten und sehr langen Elementen geprägt sind, die zusätzlich auch noch dünn und wenn möglich massiv sein müssen, wird die Problematik noch offensichtlicher. Das zusätzliche Kriterium – billig – verschärft die Bedingungen nochmals, weil damit bestimmte Aufbauprinzipien und Maße, aber auch Kriterien wie beispielsweise einer fachgerechten Trocknung, hinterfragt werden müssen.

 

Die Abhängigkeit zwischen Luftfeuchte und Holzfeuchte ist vorbildlich dargestellt in den sogenannten Keylwert-Diagrammen. Darin ist zum Beispiel erkennbar, dass sich bei 20 °C bei 36 % rel. Luftfeuchte eine Holzfeuchte von 7 % einstellen würde. Nimmt man den geforderten Wert für die Lieferfeuchte aus der aktuellen europäischen Normung, entsprächen 7 % einer Luftfeuchte von 36 % bei 20 °C und steht damit im Widerspruch zum Normklima 20 °C/50 % rel. Luftfeuchte, erklärt Weber (vgl. Abb. Keylwerth-Diagramm oben).

 

Diese Zusammenhänge würden dafür sprechen, dass der frühere Wert von 8% Holzfeuchte als Bezugsfeuchte für Mehrschichtparkett wieder heranzuziehen wäre, wobei die Abweichung gegenüber dem Massivparkett der Verleimung, Verpressung und Oberflächenbehandlung von Mehrschichtparkett geschuldet ist.

 

Völliger Unsinn

Eine weitere Problematik, die für Uneinigkeit in Fachkreisen sorgt, sind die unterschiedlichen Zahlenangaben und Hinweise der Hersteller in ihren Reinigungs- und Pflegeanweisungen hinsichtlich des einzuhaltenden Raumklimas und auch der Angaben und Einschränkungen hinsichtlich der Oberflächentemperaturen von Holzfußböden in Bezug auf ihren Einsatz auf einer Fußbodenheizung. Hier stehen die unterschiedlichsten Empfehlungen im Raum, die man zwar nicht vereinheitlichen kann, ihnen jedoch ein ­eigenes Bewertungsschema entgegensetzen kann, fordert Weber und nennt Formulierungsbeispiele. „Wenn die relative Luftfeuchte über einen gewissen Zeitraum 45 % unterschreitet, kann es zu dauerhaften Schäden führen“, lautet ein Hinweis oder: „Für die Werterhaltung Ihres Parkettbodens ist eine Luftfeuchte von nie mehr als 50% und nie weniger als 55% erforderlich.“ Das sei völliger Unsinn, genauso wie: „18–22 °C Temperatur und eine relative Luftfeuchte von
30–60 % wären ideal.“ Setzt man einmal die als akzeptabel erachteten Grenzwerte in den Rapp’schen Holzfeuchterechner ein, wird deutlich, dass ungefähre Wertebereiche wenig Sinn machen. Denn dann kommt man mit den genannten Zahlenangaben auf empfohlene (!) Holzfeuchten von 6,1 % bzw. bei Fußbodenheizung zu Luftfeuchten an der Oberfläche, die Holzfeuchten von 4,9 % ergeben. Weber stellt weiterhin klar, dass ein Produkt nicht als fußbodenheizungsgeeignet bezeichnet werden kann, wenn willkürliche  Vorschriften hinsichtlich der Oberflächentemperatur gemacht werden. Dabei bezieht sich Weber insbesondere auf die DIN EN 1264, nach der die Oberflächentemperatur bei Holzfußböden auf Estrich mit Warmwasserfußbodenheizung 29 °C (35 °C in der Randzone) nicht überschreiten darf.

 

Aus alledem ist es erforderlich, sagt Weber, ein Bewertungsschema zu schaffen, dass die Eignung von Parkett auf Fußbodenheizung einordnet. Weiterhin wäre es ideal, wenn die Hersteller dann ihre Klimadaten und Oberflächentemperaturempfehlung diesem Schema anpassten.

 


 

Technik | Ausgabe 10/2015

 

ZVPF: Tagung des Deutschen Sachverständigentags

 

Am 18. und 19. Juli 2015 tagte der Deutsche Sachverständigentag des Zentralverbands Parkett und Fußbodentechnik in Feuchtwangen. Thema war unter anderem die Schaffung einheitlicher Standards für die Qualität und Beurteilung von Fußböden.

 

Bei diesem Treffen von 170 öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen aus den deutschsprachigen Ländern sowie Experten aus der Industrie (Anwendungstechnik) und dem Zentralverband hat man sich auch über die jüngsten Entwicklungen im Sachverständigenwesen ausgetauscht. Der Deutsche Sachverständigentag spiegelt mit seiner umfassenden Zusammensetzung die vorherrschende Auffassung unter den technischen Praktikern auf dem Fachgebiet der Parkett- und Fußbodentechnik wieder.

 

Konsens zwischen Handwerk und Industrie

Auf dieser Tagung bestand Konsens zwischen den Vertretern des Handwerks und der Industrie bezüglich einer Klassifizierung für Mehrschichtparkett auf Fußbodenheizung sowie den in der Praxis heute vorherrschenden raumklimatischen Bedingungen und den Anforderungen die sich aus DIN EN 1264 „Raumflächenintegrierte Heiz- und Kühlsysteme mit Wasserdurchströmung“ ergeben.

 

Prüfbedingungen schaffen

Hierbei sind Prüfbedingungen zu finden, durch die maßgeblich das „Funktionieren“ und das „Versagen“ (Delamination und Risse, beispielsweise Abschieferungen) der Parkettkonstruktionen klassifiziert werden. Die maximal zulässigen Oberflächentemperaturen (29°C/35°C) von DIN EN 1264 sind dabei zu berücksichtigen.

 

Beschränkungen kennzeichnen

Werden Beschränkungen der zulässigen Oberflächentemperatur von Herstellerseite und Händler (Verkäufer) vorgegeben, welche die in DIN EN 1264 genannten, maximal zulässigen Temperaturen unterschreiten, so sind diese Beschränkung gegenüber den Verarbeitern und Endverbrauchern deutlich zu kennzeichnen und herauszustellen. Alleinige Hinweise in Verlegeanleitungen und Pflegeanweisungen reichen hierzu nicht aus.