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Pressemitteilung - Klassifizierung für Mehrschichtparkett auf Fußbodenheizung
Pressemitteilung zum DSVT 2015 2015-10-1
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Deutscher Sachverständientag 2015 Feuchtwangen
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Technik | Ausgabe 08/2015

 

Rekordbeteiligung Bayerische Bauakademie Feuchtwangen

Deutscher Sachverständigentag 2015

 

Mit einem ausgezeichneten Zuspruch von nahezu 170 Gästen fand der Deutsche Sachverständigentag 2015 Mitte Juni an der Bayerischen Bauakademie in Feuchtwangen erstmals unter Leitung von Manfred Weber statt.  - von Walter Pitt

 

Weber konnte bei seiner Premiere als neuer Obmann der Sachverständigen im Zentralverband Parkett- und Fußbodentechnik an die erfolgreiche Tätigkeit seines Vorgängers Sönke Stoltenberg lückenlos anknüpfen. Die ausnehmend gute Teilnahme der Sachverständigen unterstrich dabei einmal mehr die herausragende Bedeutung der Veranstaltung, auf der einige strukturelle Veränderungen gegenüber den Vorjahren vorgenommen wurden.

Neben der erstmals erstellten ­Tagungsmappe war insbeson­dere die Etablierung einer Bundesfachgruppe für das Sachverständigenwesen ein Schritt nach vorn. Sie soll sich in den kommenden zwei Jahren aus Mit­gliedern des ZV-Vorstandes, den öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen sowie sachverständigen Vertretern aus der Industrie bilden.

Von einem Fachgruppenleiter geführt wird  in speziellen Arbeitskreisen zu Themen wie Untergrund, Feuchte, Oberfläche bzw. Bodenbeläge dem ZVPF Unterstützung gewährt.

Ein wesentlicher Punkt soll das Erstellen von Merk- und Hinweisblättern sein, um als Stimme des Deutschen Sachverständigentags einen Beitrag dazu zu leisten, den Stand der Technik aus sachverständiger Warte zu manifestieren.

 

Unbestritten ein Highlight waren die sogenannten „Lightning Talks“. Sieben Referenten trugen in dreiminütigen, vorher eingereichten Kurzreferaten brennende technische Probleme aus ihrem Sachverständigenalltag vor, um sie anschließend andiskutieren zu lassen. Über drei der als besonders interessant befundenen Fallbeispiele wurde aus unterschiedlichen Sichtweisen mit limitierten Zeitrahmen weiter debattiert. Heraus kamen dabei nicht nur sehr kurzweilige Beiträge zu aktuellen Problematiken, sondern auch griffige Meinungen und Antworten, die von Weber als sehr wendigem Moderator herausgekitzelt wurden.

Aktuelle Probleme von Parkettablösungen bei einigen älteren Silanklebern, die fachgerechte Einordnung von Rissen im Holz oder die nichtfestgeschriebene Unterscheidung von Ölen und Hartwachsölen, die für den Anwender bisweilen durchaus wichtig werden kann, wenn er mit den Auswirkungen der Pflege konfrontiert wird, standen besonders im Fokus der allesamt engagierten Auseinandersetzungen.

 

Her mit dem Ferrari

Mit Spannung erwartet worden war die Vorstellung des Projektes „Klassifizierung von Mehrschichtparkett auf Fußbodenheizung“, das Prof. Andreas Rapp, Uni Hannover, vom ZVPF in Auftrag genommen hat. Ziel des ­Vorhabens ist es, die Beanstandungsrate zu senken, mehr Transparenz zu schaffen, Unterstützung für die Beratung zu ­leisten und nicht zuletzt euro­päische Qualitätsprodukte durch „eingebaute Sicherheit“ zu fördern.

Vor dem Hintergrund, dass die raumklimatischen Bedingungen sich in den vergangenen Jahren erheblich verändert hätten, seien auch die Anforderungen an die konstruktive Qualität von Mehrschichtparkett gestiegen, sagte Rapp. Vorgesehen ist eine ausnehmend strenge Klassifizierung der Fußbodenheizungseignung durch Normvorgaben gemäß der durch die EN 1264 (29 °C/35 °C) definierten A- (3 % Holzfeuchte!!) und B-Klassen (bedingte Eignung), deren Anforderungsprofil nicht durch natürliche Reaktionen des Holzes wie Ver­formungen oder Risse, sondern durch Materialversagen der ­Konstruktion beschrieben wird. „Wir brauchen den Ferrari“, sagte Bundesinnungsmeister Peter Fendt zu dem erhaltenen Votum der Sachverständigen zu einer Klassifizierung. Es bleibt allerdings abzuwarten, wie die deutsche Parkettindustrie auf das Projekt des ZVPF reagiert.

 

Die Auffassung auszuräumen, wonach ein Nadelfilzbelag fugenlos sein muss, haben sich der Sachverständige Karsten Krause und Dr. Norbert Arnold (Uzin) auf die Fahnen geschrieben. Krause zog anhand von Beispielen das Fazit, dass offene Nähte aufgrund von Materialschrumpfungen bei Grobtiterbelägen auf Basis von Polyamidfasern häufiger vorkommen, als die Branche zugeben möchte. Bei einer überwiegenden Mehrheit ihm bekannter Fälle war eine Maßänderung des Belages innerhalb bestimmter Grenzen unvermeidbar. Damit forderte Krause eine branchenweite Regelung und Festlegung von Grenzwerten, bis zu denen eine Nahtöffnung als hinnehmbar einzustufen ist.

Diesen Ball nahm Arnold auf, indem er das neue Hinweisblatt des ZVPF, „Bewertung des Nahtbildes von verlegten Nadelvlies- Bodenbelägen mit Hauptfaserbestandteil Polyamid in der Nutzschicht“, das auch mit benachbarten Verbänden abgestimmt ist, vorstellte. Demnach sind Fugenbreiten bis 0,2 mm hinzunehmen, Fugenbreiten über 1 mm nicht fachgerecht und Fugenbreiten über 0,2 mm bis 1 mm in ­ihrer Einstufung insbesondere der gutachterlichen Beurteilung unterworfen. Arnold wies auf die niedergeschriebenen Zusammenhänge in Bezuf auf Fugenbil­dungen bei stark schwankenden Raumklimaten, falschen Raumluftfeuchten und -temperaturen beim Einbau sowie großen Differenzen zwischen Verlegungs- und Nutzungsbedingungen hin. Der Hinweis aus dem sachverständigen Publikum, dass eine Vielzahl von Faktoren auf die angesprochenen Erscheinungsbilder Einfluss nähmen und Polyamid aufgrund unterschiedlicher Bindemittel nicht gleich Polyamid wäre, war Teil der anschließenden Diskussion.

 

Tatort Krankenhaus

Mit offenen Schweißnähten als handwerkliche Fehlleistung und Materialschrumpfungen aufgrund von Einflüssen aus Desinfek­tionsmitteln, die PVC-Belägen ihre Weichmacher entzögen, setzte sich in einem weiteren Bodenbelagschwerpunkt Karsten Krause auseinander. Hier be­stünde Forschungsbedarf, der ­allerdings auch berücksichtigen müsste, wie der Sachverständige Peter Schwarzmann bemerkte, dass es zwar riesige Listen von Desinfektionsmitteln gäbe, die ihrerseits jedoch ständig neuen Keimen bzw. Resistenzveränderungen angepasst werden müssten, was Untersuchungen wiederum erschweren würde. „Nicht jede lehrbuchmäßig ausgeführte Schweißnaht kann eine Schrumpfung des Materials von ursprünglichen Breiten in der Größen­ordnung von 4 mm auf bis zu 10 mm erklären“, fasste Krause seinen Vorstoß zusammen.

Mikrobielle Schäden in Fußbodenkonstruktionen nehmen ständig zu und auch die Sensibilisierung bei den Nutzern und Bewohnern ist höher, befand Matthias C. Becker, mit Schimmelpilzen und ihren Folgen befasster Sachverständiger aus Köln. Die Ursachen sind vielfältig und immer im Einzelfall zu untersuchen, sagte er und forderte eine genaue Erforschung der Einflussfaktoren und eine ebenso ausgiebige und nachhaltige Schadensbeseitigung bei Schimmelpilzschäden. Gerade die neuen Baustoffe mit ihren unterschiedlichen bauphysikalischen Voraussetzungen erfordern angepasste Planungen und Bauweisen, folgerte Becker anhand von einigen Beispielen aus der Fußbodenpraxis.

Mit eher allgemeinen und sehr gut aufbereiteten Themen wie „Todsünden eines Sachverständigen“ (Manfred Weber), der Kommunikation und ihren Fallen (Unternehmensberaterin Heike Turanli), dem Rechtsempfinden  aus Sicht eines Handwerkssachverständigen, eines Mediators und eines Richters (Dieter Humm) und einem ins technische Detail gehenden Vortrag zu den Grenzen von Berechnungen und Messungen im Parkettwesen (Dr. Bernhard Sudhoff) schloss der Deutsche Sachverständigentag, der im kommenden Jahr in Köln stattfinden soll.


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